Als IT-Projektmanager nachhaltig erfolgreich

Transkript

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00:00:00: Willkommen zu einer Folge, in der wir uns mit der menschlichen Seite des IT-Projektmanagements beschäftigen. Konkret das Thema Stress und Umgang mit Stress,

00:00:13: Eine Prämisse vorweg: ich meine, dass wir als IT-Projektmanager immer überfordert sind.

00:00:22: Das klingt jetzt nach einem Eingeständnis von Unfähigkeit oder auch als Zeichen von Schwäche.

00:00:30: Es ist aber die Wahrheit. Warum?

00:00:35: Denke an Situationen, die du selbst in IT Projekten schon erlebt hast. Sei es in der Rolle als Projektleiter oder auch als Teammitglied,

00:00:47: oder auch in einer anderen Rolle in der du damit zu tun hattest z.B. als Anwender.

00:00:54: Das Ergebnis eines anspruchsvollen IT Projektes, in dem es darum geht, die Geschäftsprozesse

00:01:00: in einer neuartigen Weise durch Technologie zu unterstützen ist zu Beginn nie ausdefiniert.

00:01:11: Die Anforderer auf Business Seite wissen nicht, welche Möglichkeiten die neue Technologie bietet.

00:01:21: Und die Kenner der Technologie wissen nicht, welche Anforderungen es gibt.

00:01:27: Daher ist ja auch in IT Projekten das Thema Kommunikation eine Schlüsselfrage, die über Erfolg und Misserfolg entscheidet.

00:01:36: Wenn wir allerdings einen Projektauftrag übernehmen,

00:01:39: dann gibt es dort das magische Dreieck, stehen dort Termine, es sind Ergebnisse beschrieben und es gibt Aufwandsschätzungen und Budgets.

00:01:51: Diese begleiten als Rahmenbedingung die Erwartung an einen Projektmanager,

00:02:01: diese drei Eckpunkte in der Projektarbeit durch entsprechend professionelles Projektmanagement auch tatsächlich einzuhalten.

00:02:13: Du kennst wahrscheinlich den Chaos Report der Standish Group, die jährlich untersucht, wie viele Projekte

00:02:21: scheitern und wie viele gelingen. Die Quote des Scheiterns ist bei Projekten hoch - je größer diese Projekte sind umso höher.

00:02:32: Du kannst natürlich nicht wissen, wie es in deinem Projekt wirklich ausgehen wird, aber die Erwartung

00:02:41: an einen Projektmanager ist nun mal,

00:02:45: dass er Zusicherungen abgibt, dass Termine gehalten werden, dass die Qualität der Ergebnisse stimmt, auch dass der Scope letzten Endes geliefert wird.

00:02:58: Und dass die Aufwände stimmen. Wenn du diesen Anforderungen ganz realistisch ins Auge blickst,

00:03:05: dann musst du erkennen, dass du hier ein beachtliches Risiko eingehst und dieses Risiko ist dein Erfolg oder dein Misserfolg.

00:03:17: Ist das ein Schicksal, das nur uns als IT Projektmanager trifft?

00:03:23: Nein! Mir gefällt sehr gut der Spruch des Formel 1 Fahrers Mario Andretti, der einmal gesagt hat: "If everything seems under control, you're just not going fast enough",

00:03:35: also: Wenn du alles unter Kontrolle hast, bist du zu langsam unterwegs.

00:03:41: Bei uns als Projektmanagern könnte man sagen, dann hast du ein nicht wirklich anspruchsvolles Projekt.

00:03:48: Seien wir ehrlich: wir möchten doch auch Projekte machen, wo wir bei einem Erfolg darauf stolz sein können und nicht einfach sagen,

00:03:57: das hätte man höchstens vergeigen können aber bei einigermaßen professioneller Arbeit war der Erfolg ja garantiert.

00:04:06: Wie immer wir es also drehen und wenden, wir müssen lernen mit Stress umzugehen.

00:04:15: Woran man in diesem Fall als erstes denkt, sind natürlich Entspannungstechniken: Meditation, autogenes Training, Yoga,

00:04:26: alles das verschiedene Ansatzpunkte, um die Symptome des Stress zu lindern. Natürlich gibt es auch andere Mittel.

00:04:37: Wie z.B. Alkohol oder auch Medikamente, Drogen verschiedener Art.

00:04:46: Das sind Mittel, die an den Symptomen der Stresssituation ansetzen. Das ist jetzt keineswegs nur negativ gemeint,

00:04:55: denn kurzfristig brauchen wir auch solche Mittel. Ich meine natürlich jetzt nicht die Drogen,

00:05:03: die letzten Endes mehr schaden als nutzen, sondern die zu Beginn angeführten Techniken.

00:05:11: Für mich selber ist z.B. Laufen eine ganz wichtige Quelle von Ablenkung, Entspannung und auch eine Möglichkeit,

00:05:20: in Ruhe über etwas nachzudenken und die Dinge oft auch wieder völlig neu zu ordnen, so dass es am Ende wieder anders und besser ausschaut als zu Beginn.

00:05:32: Ich habe auch mit Yoga sehr positive Erfahrungen; ich selber bevorzuge allerdings Ashtanga-Yoga, eine etwas kräfteraubende, dynamische Form des Yoga,

00:05:44: weil ich dabei besser abschalten kann als bei einem sehr ruhigen, meditativen Yoga.

00:05:53: Es sagen mit auch manche, dass das eine Schwäche ist und ich nicht wirklich entspannen kann. Andererseits meine ich,

00:06:00: so wie es mir geht und so wie ich über Jahrzehnte

00:06:05: keinen Tag durch Krankheit verloren habe, scheint der Weg, den ich gegangen bin, nicht so schlecht zu sein. Aber das ist nur eine ganz persönliche Nebenbemerkung und nicht das Rezept, das ich hier verallgemeinern möchte.

00:06:21: Wichtig ist, dass du deinen ganz persönlichen Weg findest.

00:06:28: Ich kenne Leute, die Laufen grässlich finden und Yoga super und umgekehrt.

00:06:36: Für mich selber ist Laufen etwa eine relativ späte Entdeckung. Ich habe erst mit meinem 40. Lebensjahr begonnen, regelmäßig zu laufen und das hat sich dann schrittweise weiterentwickelt. Das ist nun "meine" Sportart, in der ich mich wohl fühle.

00:06:51: Ein Freund von mir hat z.B. Schwimmen als seine Methode entdeckt, einerseits Ausdauer zu trainieren und andererseits Stress abzubauen.

00:07:03: Probier einfach aus, was dich anspricht und mach das, was dir gefällt. Und denke bei allem daran:

00:07:12: Wenig ist besser als nichts, ein wenig mehr ist besser als wenig.

00:07:18: Also sei nicht so streng mit dir, setze dir keine zu hohen Ziele.

00:07:24: Lass dich auch nicht verunsichern, wenn du einmal wieder aus dieser Praxis rausfällst, nicht ins Fitnessstudio gehst, nicht Laufen gehst, nicht ins Yoga gehst. Fang einfach wieder an.

00:07:38: Ich möchte allerdings bei dieser Gelegenheit schon auch eine Lanze brechen für tiefergehende Methoden,

00:07:47: Stress zu bewältigen.

00:07:50: Eine grundlegende Erkenntnis ist schon sehr alt, sie stammt vom Stoiker Epiktet und der sagte: Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben.

00:08:05: Wenn dir das auf das Thema Stress anwenden, so müssen wir unterscheiden zwischen den "Stressoren", also den Faktoren die Stress auslösen können und 

00:08:15: Stress als Zustand mit gewissen körperlichen und psychischen Symptomen, der als Folge auftritt.

00:08:21: Was uns Epiktet lehrt ist,  dazwischen gibt es noch etwas, nämlich wie wir diese Stressoren verarbeiten und letzten Endes dies zu einem Ergebnis führt, das Stress oder eben nicht.

00:08:37: Es gibt eine therapeutische Richtung, die weniger bekannt ist als manche andere. Es die Retter Rational-Emotionale Verhaltenstherapie von Albert Ellis.

00:08:51: Er nennt das auch die ABC Theorie.

00:08:55: A ist das "activating event", also das Stress auslösende Ereignis. Das kann ein unzureichendes Arbeitsergebnis sein, die Kritik des Kunden, der Ausfall eines Lieferanten, was auch immer.

00:09:10: C sind die "consequences", die Konsequenz, also unsere Reaktion; Stress, Panik, Freude, Hektik, was auch immer und dazwischen,

00:09:21: liegen die "beliefs", B, die Annahmen und Denkweisen, wie wir darauf reagieren, unsere Wahrnehmung und Bewertung.

00:09:30: Hier sind wir wieder bei Epiktet: es  sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen.

00:09:39: Es ist eben nicht nur das A allein, sondern dazu gehört dieser intermittierende Faktor, der sich dazwischen schiebt.

00:09:49: Der Ansatz ist nun eben, genau an diesem "beliefs" anzusetzen. Das sind die inneren Selbstgespräche oder auch stillschweigende Prämissen,

00:09:57: die in so eine Richtung gehen, wie: ich schaffe das nicht, ich bin immer wieder gescheitert, ich habe einfach Pech, mich erwischt es immer, warum schon wieder ich usw.

00:10:10: In wunderbarer Weise hat das Paul Watzlawick auf den Punkt gebracht. Er hat gesagt:

00:10:16: Der sicherste Weg, unglücklich zu sein, ist es, die Dinge so zu betrachten, wie sie sein sollten und nicht so, wie sie sind.

00:10:27: Also ganz einfach. Dieses: "Es ist wie es ist". Es bringt nichts, mit den Gegebenheiten zu hadern, die man vorfindet.

00:10:37: Ich werde auf dieses Thema noch mehrmals eingehen, aber nun vorweg ein Resümee. Was sind die Ratschläge die ich dir hier mitgeben möchte:

00:10:47: Es sind fünf Punkte. Erstens: Suche die Ursache des Stress bei dir selbst und ändere die Reflexe und Denkmuster, mit denen du aus Stressoren bei dir dann tatsächlich Stress erzeugst.

00:11:01: Zweitens:

00:11:02: Akzeptiere, dass die Stressreaktion nicht unausweichlich ist, sondern du selbst kannst diese vermeiden, nur du selbst hast es in der Hand, das zu tun.

00:11:13: Drittens: Ändere die Denkmuster, mit denen du deinen Stress verursachst oder verstärkst.

00:11:22: Setze also hier an. Vielleicht kannst du es selbst, vielleicht brauchst du auch dazu die Unterstützung eines Coaches.

00:11:33: Mir selbst hat zum Beispiel eine Coachin sehr geholfen. Sie hat mir für Ereignisse, die mich regelmäßig aufgeregt haben, ein Mantra mitgegeben.

00:11:47: Denken Sie sich einfach: "Eine interessante Erfahrung".

00:11:52: Betrachte es also von einer übergeordneten Ebene und denke dir, da habe ich wieder eine Erfahrung gesammelt, die ist irgendwie unglaublich.

00:12:02: Du wirst sehen, du ärgerst dich schon viel weniger und der Stress nimmt ab.

00:12:08: Viertens: Nutze Entspannungstechniken als flankierende Maßnahmen. Sie unterstützen diese Veränderungen, sie helfen kurzfristig.

00:12:16: Wenn du Kopfschmerzen hast, weil du schlecht geschlafen hast, nimm eine Kopfschmerztablette.

00:12:22: Wenn du regelmäßig Kopfschmerzen hast, dann höre auf damit und suche nach der Ursache dieser Schmerzen. Das gleiche gilt auch für Stress.

00:12:33: Fünftens: Es gibt Punkte, wo alles das nicht mehr hilft.

00:12:39: Dann überlege eine Änderung deines beruflichen Umfeldes, denn die besten Techniken der Stressbewältigung können bei extremen Belastungen versagen. Nicht jeder hält gleich viel aus, keiner hält alles aus.

00:12:53: Es gibt auch keine Wunderdroge. Das war ein erster Einstieg in das Thema der mentalen Fitness.

00:13:03: Und natürlich ist das auch ein Element, das insgesamt deine Fitness, deine Gesundheit und die Nachhaltigkeit deines Erfolges beeinflusst.

00:13:14: Ich freue mich, wenn ich dir ein paar Anregungen gegeben habe, die dir weiterhelfen. Bis bald! Dein Gerhard Friedrich.