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Karrierestrategie - Phase 2: Finde Deine Value Proposition

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Willkommen! Wir wenden uns nun der Suche nach unserem Spezialgebiet zu.

In der ersten Phase hast du deine Ist-Situation analysiert und deine Stärken herausgearbeitet. Diese Stärken dann auch geclustert und damit ein klares Profil dessen gemacht, wo du Besonderes aufzuweisen hast. Etwas, das das Fundament für deine künftige Karriere sein kann. Das ist ein erster Schritt, ein vorläufiger Schritt. Zur Erinnerung: Wir müssen ein iteratives Vorgeben wählen, wir müssen uns schrittweise dem Ziel nähern, immer wieder einen Schritt zurückgehen oder sogar zwei und dann wieder nach vorn.

Wie kommst du nun zum besten Spezialgebiet für deine Karriere? Der erste Schritt ist immer die Orientierung. Das heißt, du sammelst aus deinen bisherigen Erfahrungen jene Aufgaben und Probleme, wo du erfolgreich warst und du fragst dich, wo du hier vielleicht besser bist als andere, die du kennst. Das Ergebnis ist eine Liste von möglichen Spezialisierungen.

In dieser Phase kommt es überhaupt nicht darauf an, sich einzuengen. Ganz im Gegenteil. Es soll ein Brainstorming sein, wo möglichst viele Möglichkeiten und verschiedene Zielgruppen aufgelistet werden, um dann später selektieren zu können.

Fertig sind wir erst, wenn

  • Phase drei und vier abgeschlossen sind,
  • die Zielgruppe feststeht,
  • die Engpass-Analyse für diese Zielgruppe durchgeführt wurde und
  • das Nutzenangebot, das wir uns überlegt haben, abgeschlossen ist.

Wie genau soll das sein? Es geht um eine grobe Orientierung. Das heißt, es soll nicht oberflächlich sein, aber verbeiße dich auch nicht in eine Variante, die dir besonders attraktiv erscheint und lasse alle anderen links liegen. Oft ist gerade das, was nicht so naheliegend ist, etwas, was du im ersten Moment als absurd oder auch als nicht besonders erfolgversprechend siehst, genau der Schlüssel, der das, was dir nahe liegt, erst so richtig aufwertet und es zu etwas Besonderem macht.

Denke immer daran, es geht nicht darum etwas zu finden, das zwar sehr attraktiv ist, aber nicht zu deiner Ist-Situation und zu deinen Stärken passt. Wir gehen immer von dem aus, was wir als Stärken gesehen haben, allerdings sind wir offen, dass wir bei der Suche nach Spezialgebieten und bei der Suche nach Zielgruppen auf Stärken stoßen, die wir vorher gar nicht als solche erkannt haben.

Die Suche nach dem Spezialgebiet ist die Weichenstellung für alle zukünftigen Entwicklungen. Daher ist es wichtig, hier in kleinen Schritten zu experimentieren, keine großen Weichenstellungen durchführen und diese dann konsequent durchziehen, sondern eine Hypothese nach der anderen prüfen und hier auch möglichst offen bleiben für überraschende Ergebnisse. Also hüte dich vor den "Confirmation Bias". Das heißt, man soll nicht nur das hören, was die eigene Meinung unterstützt und das überhören und verdrängen, was der eigenen Meinung widerspricht.

Oftmals ist es besser, noch einmal darüber zu schlafen und sich erst am nächsten Tag wieder damit zu beschäftigen. Das setzt allerdings voraus, dass du alles aufschreibst. Ob das jetzt in einer Mindmap ist - ich verwende zum Beispiel XMind, das ist ein sehr flexibles Tool - oder du Post-its verwendest, um es aufzuschreiben, ist zweitrangig. Aufschreiben hat auch seine Qualität - die Haptik des Papiers oder des Stiftes, das macht auch was aus. Am besten ist vielleicht, du mischt die verschiedenen Formen miteinander. Vergiss auch nicht auf eine weitere, ganz wichtige Möglichkeit, nämlich das Gespräch mit anderen, sei es mit Freunden, Kollegen oder auch Kunden, für die du bereits arbeitest. Außerdem hilft es in dieser Phase, schon ein wenig weiter zu denken, aber ohne, dass man den zweiten Schritt vor dem Ersten macht.

Ergebnis der ersten Phase der Karrierestrategieplanung ist eine Value Proposition oder auch Unique Selling Proposition. Also etwas was dich gegenüber anderen auszeichnet, etwas das auch klar macht, wofür du stehst.

Das kann man auch als Claim formulieren:

  • Ich bin Spezialist für SAP-Projekte im Bereich Payment.
  • Ich bin Spezialist für E-Government-Projekte, insbesondere für Fragen der digitalen Signatur und des Identity Managements.
  • Ich bin Spezialist für Bestandsführungssysteme von Versicherungen, insbesondere in der Sparte Lebens- und Unfallversicherung.

Wenn du eine solche Hypothese formuliert hast, dann überlege dir, für welche Zielgruppe könnte das interessant sein. Manchmal ist es sowieso offensichtlich, aber manchmal ist es eben nicht offensichtlich, weil es verschiedene Varianten gibt. Schreibe alle diese Varianten auf, aber verwirf keine zu schnell.

Bei der Suche nach Spezialisierungen denke aber nicht nur an fachliche oder technische Inhalte im engeren Sinne, sondern denke auch an Kompetenzen, die du möglicherweise in den Bereichen Konfliktlösung oder Moderation besitzt.

• Bist du gut darin, künftige Anwender für IT-Systeme, an denen du mitgearbeitet hast, zu schulen?
• Bist du gut im Bereich Dokumentation, ein ungeliebtes Kind in fast allen IT-Projekten, die ich kenne.
• Hast du Erfahrungen und Stärken, wenn es darum geht, einen Go-live zu planen, hast du schon ein Go-live-Drehbuch erstellt hast, hast du so einen Go-live miterlebt? Kannst du daraus Erfahrungen bringen? • Hast du Templates, Vorbilder wie du so etwas angehen würdest, wenn der Kunde dich beauftragt, und zwar auf Basis dessen, was du tatsächlich schon gemacht hast?

Ich nenne dir noch ein paar Beispiele aus der Praxis, etwa als Spezialist dafür

• agile Vorgehensweisen in Großprojekten umzusetzen, vielleicht auch ergänzt in regulierten Branchen, wie zum Beispiel Banken und Versicherungen.
• Teams von Java-Entwicklern zu führen, weil ich mit ihnen auf Augenhöhe sprechen kann und weil ich selbst die technische Kompetenz in diesem Bereich habe, verbunden mit der entsprechenden Führungskompetenz. • Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Finanzabteilungen dabei zu helfen, ihre Anforderungen an das Customizing von SAP FI zu unterstützen, so dass die Aufwendungen für Anpassungen sinken und die Zufriedenheit der Anwender mit dem Ergebnis steigt.

Du siehst, manche dieser Formulierungen sind etwas lang, vielleicht auch etwas sperrig, aber es sind Beispiele, wie sie in dieser Phase typischerweise entstehen. Es sind nicht die bereits geschliffenen Endprodukte der Karrierestrategieplanung.

Vergleiche diese Formulierungen immer wieder mit der Liste deiner Erfahrungen, mit der Liste deiner Stärken und meide alles, das zwar gut klingt, in Wirklichkeit aber nicht zu dem passt, wofür du wirklich stehst und wo du wirklich seriöse Arbeit leisten kannst. Die EKS ist kein Wundermittel, um fehlende Qualifikationen zu kompensieren, sie ist quasi ein Wundermittel, wenn man schon dieses Wort verwenden will, um mit dem was man hat, das Bestmögliche zu erreichen.

Jetzt noch eine sehr wichtige Erfahrung. Bei anderen fällt es uns immer leicht, genau das zu erkennen, was deren roten Faden ausmacht. Bei uns selbst fällt das immer schwer, weil, man ist sich selbst einfach zu nahe, man ist mit gewissen Dingen, die man für richtig und wichtig hält, zu emotional verbunden. Das ist sowas wie der tote Winkel, den man hat. Wenn man sich selbst im Spiegel sieht, dann sieht man oft nur das, was man sehen will.

Wichtig ist daher das Echo der anderen. Rede mit anderen über deine Hypothesen, über deine Pläne. Am besten suchst du dir Leute aus, denen du vertraust und die dir wohlwollend gegenüberstehen. Aber du kannst natürlich auch andere, die dir nicht so nahestehen in etwas verklausulierter Weise fragen. Gerade das ist oft sehr wertvoll.

Hier sind wir auf einer Coachingplattform und es ist ja genau der Sinn eines Coachings, dass man Gesprächspartner hat, denen man etwas erzählt, die dazu Fragen stellen und die auch ein wohlwollendes und unterstützendes Echo geben, manchmal aber auch ein etwas schmerzhaftes Feedback. Ich habe oft erlebt, dass ich jemanden eine Frage gestellt habe, eine Hypothese formuliert habe, worauf dann der Kommentar war: Ja, das ist völlig logisch, warum bin ich nicht selbst draufgekommen? Ja, so ist es und so ist es auch mir ergangen, wenn es um meine eigenen Pläne ging. Es ist also nicht so, dass einem alles sonnenklar in den Schoss fällt. Nein, es ist wirkliche Arbeit.

Wir kommen in der nächsten Phase, wenn es um die Auswahl der Zielgruppe geht, noch einmal auf alle diese Themen zurück und in der Engpass-Analyse geht es dann nochmals tiefer.

Ich hoffe, es hat dir bisher schon geholfen, in dieser Phase weiterzukommen und ich freue mich, wenn du das nächste Mal wieder dabei bist.

Alles Gute und bis bald, dein Gerhard Friedrich.


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